«Wir sind bereit, neue Wege mit dem Elektroauto zu gehen.»

Daniel Schaller teilt ein Elektroauto mit Nachbarn, hat seine Gemeinde zur Bereitstellung von Lademöglichkeiten motiviert und setzt sich auch beruflich beim Bundesamt für Energie (BFE) als Experte für energieeffiziente Mobilität ein. Im Interview erzählt er, wie es ist, mit dem Strom in die Ferien zu fahren. Und wie der Bund die Entwicklung der Elektromobilität unterstützt.

Wie sind Sie in Ihrem Alltag unterwegs?

Ich arbeite in der Sektion Energieeffizienter Verkehr im BFE. Da liegt es nahe, dass ich mit dem Zug und Velo zur Arbeit pendle. An Wochenenden und für längere Roadtrips mit meiner Lebenspartnerin nutze ich gerne auch das Elektroauto. «Für uns hat das Auto noch lange eine Bedeutung, aber wir sind bereit, neue Wege zu gehen. So teilen wir zum Beispiel unser Elektroauto mit Nachbarn im Dorf.»

Erzählen Sie uns von Ihrem Roadtrip 2022 mit dem Strom!

«Meine Partnerin hat mir vertraut, dass wir eine stressfreie Reise von 3000 km mit einem der kleinsten Elektroautos auf dem Markt schaffen werden!»

Im letzten Sommer sind wir tatsächlich durch ganz Benelux geflitzt und offensichtlich auch wieder entspannt und zügig zurückgekommen, sodass unser Gouda-Käse keine Zeit zum Schmelzen hatte (lacht)! Wir waren diesen Frühling in Katalonien und planen jetzt ein weiteres elektrisierendes Abenteuer: per Autozug nach Wien und dann weiter mit dem Elektroauto durch Rumänien, Bulgarien, Nordmazedonien, Albanien und Italien.

Wie klappt das Reisen mit einem Elektroauto?

Die Reisetauglichkeit eines E-Autos besteht aus einer Kombination von vernünftig grosser Reichweite und guter DC-Ladeleistung (Schnellladen). Gute Routenplanung hilft enorm: Wenn das Fahrzeug keinen hat, empfehle ich die Installation eines Elektroauto-Routenplaners für Smartphones.

«Heute findet man praktisch überall entlang der Hauptverkehrsachsen funktionierende und leistungsfähige Ladestationen – zumindest im nördlichen Europa, aber zunehmend auch überall in der EU.»

Die Energieeffizienz des Autos und die Batteriekapazität definieren die Distanz zwischen den Ladepausen. Zwei Stunden Fahrt, 20 bis 30 Minuten am Schnelllader, dabei ein erfrischendes Getränk holen, und weiterfahren – das ergibt einen guten Rhythmus.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass sich Autos mit schlechter Aerodynamik, selbst Kleinwagen, auf der Autobahn als ziemlich stromhungrig erweisen können, wodurch sich ihre Reisetauglichkeit spürbar verringert. Die Reisegeschwindigkeit spielt ebenfalls eine grosse Rolle bei der Reichweite. Mit 130 km/h ist diese geringer als mit 100 km/h. Im Benelux-Raum, wo die Maximalgeschwindigkeit oft 100 km/h beträgt, hat man also grössere Reichweiten als z. B. in Frankreich mit 130 km/h.

Wo laden Sie im Alltag Ihr Auto auf?

Das ist eine gute Frage, da wir zu Hause keinen Parkplatz, also keine Lademöglichkeit haben.

«Die Gemeinde Twann-Tüscherz war motiviert, ihre öffentliche Ladeinfrastruktur komplett zu überarbeiten und in Twann vor dem Bahnhof auf vier Ladepunkte – flexibel ausbaubar auf acht – zu erweitern. Das ist der wichtigste Parkplatz im Dorf.»

Die Akzeptanz für dieses Projekt war nicht selbstverständlich, handelt es sich im Moment doch um eine Investition für eine Minderheit und Ausflugsfreudige. Kommt hinzu, dass eine Partnerschaft mit Drittanbietern finanziell nicht attraktiv gewesen wäre. Schliesslich hat die Gemeinde selbst investiert und das Projekt in Eigenregie realisiert. Das hat zum Vorteil, dass der Gewinn aus dem Stromverkauf wieder zurück in die Gemeindekasse fliesst. Einzig Helpdesk-Dienstleistungen für die Ladestationen beziehen wir beim Ladestation-Lieferanten im Vollservice. Die Abrechnung der Ladungen läuft über eine zuverlässige Schweizer Cloud-Plattform. Diese würde auch verschiedene Preismodelle ermöglichen, z. B. für Einheimische mit Parkkarten und Durchreisende.

Wo steht die Schweiz im internationalen Vergleich in der Elektromobilität?

In internationalen Rankings ist die Schweiz zwar nicht Spitzenreiterin der Elektromobilität, aber wir sind immer noch relativ gut positioniert und unser gewählter Ansatz ist nachhaltig. Da die Schweiz keine eigene Autoindustrie hat, gilt es zuerst das Ladeökosystem und die Akzeptanz für die Elektromobilität zu fördern. Ein gemeinsames Verständnis des Themas und der Entwicklung der Elektromobilität sowie nachhaltige, zukunftsorientierte Rahmenbedingungen sind dafür wirkungsvoller als die kurzfristige finanzielle Förderung von Elektroautos. Unser Fokus beim BFE liegt einerseits auf dem Setzen von Anreizen und andererseits auf der Mobilisierung von Akteuren, welche die Elektromobilität voranbringen. Wir vernetzen die Immobilienbranche, Dachverbände, Energieversorger, Autoimporteure, Mobilitätsclubs sowie Gemeinden und unterstützen sie bei der Entwicklung des Elektromobilitäts-Ökosystems.

«Zuerst gilt es das Ökosystem und die Akzeptanz für die Elektromobilität zu fördern.»

Der gemeinsame Austausch steigert die Akzeptanz und führt zu tragbaren Lösungen. Das BFE liefert dabei wichtige Impulse. Zum Beispiel durch Initiativen, die speziell auf die Gemeinden ausgerichtet sind. Die Lösungen kommen aber aus der Privatwirtschaft – idealerweise ohne gesetzlichen Zwang. Aktuell diskutiert das Parlament das CO2-Gesetz. Der Bundesrat schlägt darin auch eine Förderung für Ladeinfrastrukturen vor, z. B. in Mehrfamilienhäusern, bei Unternehmen und in Gemeinden.

Danke für das spannende Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit Ihrem Engagement für die Elektromobilität.

Daniel Schaller ist Experte für Elektromobilität beim Bundesamt für Energie (BFE). Als Spezialist für Energieeffizienz im Verkehr liegt sein Fokus darauf, gesetzliche Massnahmen zur Elektromobilität auf nationaler Ebene umzusetzen und weiterzuentwickeln.

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