Die Agro Energie Schwyz AG stellt aus Abfällen und Energieholz nicht nur Strom für das öffentliche Netz her. Sie verkauft die Wärme auch über den eigenen Fernwärmeverbund im Schwyzer Talkessel. Geschäftsführer Baptist Reichmutz erzählt, wie es dazu kam, und was das mit einer unabhängigen Energieregion und regionaler Wertschöpfung zu tun hat.
«Dass wir aus einheimischem Abfall Strom, Wärme und Treibstoff gewinnen und damit die lokale Wertschöpfung erhöhen können, hat mich schon immer fasziniert», schmunzelt Baptist Reichmuth, Landwirt und Geschäftsführer der Agro Energie Schwyz AG. Reichmuth besass einen grossen Landwirtschaftsbetrieb, wo entsprechend viel Hofdünger anfiel. «Meine Idee war, diesen Hofdünger sinnvoll zu nutzen, damit eine ganze Region unabhängig von fossilen Energien werden kann.»
Zusammen mit weiteren regionalen Partnern gründete Reichmuth 2006 die Agro Energie Schwyz. Heute liefern dort rund 30 Landwirtschaftsbetriebe aus der Gegend Gülle und Mist ab. Verarbeitende Betriebe bringen Mühlestaub und Getreideabfälle, die Haushalte Grüngut und Speiseabfälle und die Metzgereien liefern hygienisierte Schlachtabfälle. In der Biogasanlage vergärt die Agro Energie Schwyz all diese Abfallstoffe zu Biogas. Das Gärgut, das dabei übrig bleibt, stellt sie Landwirtschaftsbetrieben als Dünger und Bodenverbesserer zur Verfügung.
Das Biogas verbrennt die Agro Energie Schwyz in einem Blockheizkraftwerk (BHKW). 40 % der Energie im Biogas wird in Strom umgewandelt. Diesen speist die Firma in das lokale Netz ein. Bei der Stromproduktion im BHKW fällt jedoch auch 60 % der Energie als Wärme an. «Um diese zu nutzen, liessen wir in einer Machbarkeitsstudie prüfen, ob es möglich wäre, die rund 50’000 Einwohnerinnen und Einwohner des Schwyzer Talkessels mit erneuerbarer Wärme der Agro Energie Schwyz über ein Fernwärmenetz zu versorgen», erklärt Reichmuth. Die Antwort lautete: «Ja, aber.» Denn dies hiess, potenzielle Käuferinnen und Käufer zum Mitmachen zu bewegen und das Angebot der Agro Energie Schwyz zu erweitern.
Nicht der leicht höhere Preis für die Wärme rief bei den Bewohnerinnen und Bewohner des Schwyzer Talkessels Skepsis hervor. Die Versorgungssicherheit hatte für die potenziellen Kundinnen und Kunden erste Priorität. «Werden meine Kinder dann frieren?», war die am häufigsten gestellte Frage. Die Agro Energie Schwyz musste sicherstellen, dass jederzeit genügend Wärme für den Fernwärmeverbund produziert werden würde. Darum sind heute drei grosse Holzschnitzelfeuerungen in Betrieb. Rund 20’000 Tonnen Schnitzel aus Sägerei-Restholz, Altholz und Waldholz werden pro Jahr verbrannt. «Weil das Holz aus der Gegend stammt, bleibt der CO2-Ausstoss auf den Transportwegen minimal», erläutert Reichmuth. «Und dass wir Waldholz nutzen, ist gut für die Waldpflege und generiert Absatzmöglichkeiten für qualitativ minderwertige Holzsortimente. Dies erhöht die regionale Wertschöpfung.»
Heute, sieben Jahre später, verteilt das Fernwärmenetz der Agro Energie Schwyz die erneuerbare Wärme nach Schwyz, Ibach, Rickenbach, Brunnen, Seewen und Morschach. 50 % der Gebäude im Talkessel sind bereits an den Fernwärmeverbund angeschlossen. 2016 erzeugten die Holzschnitzelfeuerungen und die Biogasanlage zusammen Wärme für rund 8'000 Haushalte sowie Ökostrom für 3'500 Haushalte. Seit 2015 ist zudem eine Altholzfeuerung mit einem «Organic Rankine Cycle-System» (ORC) in Betrieb. Damit konnte die Firma die Strom- und Wärmeproduktion noch weiter steigern. In einem nächsten Ausbauschritt ist ein grosser Wärmespeicher vorgesehen. Schritt für Schritt kommt der Geschäftsführer seinem Ziel näher. Er möchte in den nächsten zehn Jahren den gesamten Schwyzer Talkessel CO2-neutral und unabhängig von fossilen Energieträgern machen.