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Tageslicht statt elektrische Leuchten: Lassen Sie die Sonne rein

In vielen Häusern gibt's zu wenig Tageslicht. Alte Tricks und neue Techniken helfen, natürliches Licht in Wohnungen und Büros zu bringen. Resultat: mehr Lebensqualität, tieferer Energieverbrauch.

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Der Mensch hat die Nacht schon längst zum Tag gemacht. Thomas Alva Edisons Erfindung, die Glühbirne, hat uns vor knapp 150 Jahren aus der Abhängigkeit von natürlichem Licht gelöst. Unser Leben kann seither weit über den Sonnenuntergang hinaus weiterdrehen. Wir entscheiden frei, wann die Lichter löschen. Doch im Rausch des Fortschritts gingen manche Vorzüge des Sonnenlichts vergessen. Architekten nutzten Tageslicht weit weniger als in den Jahrtausenden vor der Erfindung des elektrischen Lichts.

Das Tageslicht friste in der Moderne ein Schattendasein, bilanziert denn auch die Hochschule Luzern. Sie bietet Fortbildungsseminare an, in denen Gestalter den Umgang mit natürlichem Licht wiederentdecken sollen. Offenbar sind die Wissenslücken gross.

«Der Architektur ist in diesem Bereich enorm viel Wissen verloren gegangen», sagt Christian Vogt, einer der führenden Lichtgestalter der Schweiz. In den vergangenen 25 Jahren realisierte sein Gestaltungsbüro vogtpartner international weit über 700 Lichtprojekte und wurde für seine Werke schon mehrfach ausgezeichnet.

«Himmelslicht ist unerreicht»

In den Konzepten von Christian Vogt spielt Tageslicht eine wichtige Rolle. Wenn immer möglich, setzt er diese Ressource ein.

«Denn punkto Farbe, Lebendigkeit und Bandbreite ist das Himmelslicht noch immer unerreicht – trotz allen Fortschritten der Beleuchtungsindustrie. Werden diese Qualitäten genutzt, profitiert davon nicht zuletzt das körperliche und psychische Wohlbefinden der Menschen.» Christian Vogt, Lichtgestalter.

Denn das Strahlenmeer stimuliert viele Körperfunktionen. Deshalb fordern viele Fachleute, dass in Gebäuden künftig ganzheitliche Lichtkonzepte und damit möglichst viel vollspektrales (Tages-)Licht zum Einsatz kommen. Denn der moderne Mensch verbringt 90 % seiner Zeit in geschlossenen Räumen. Der Bedarf für sogenannt biologische Lichtplanung ist entsprechend gross.

Die dänische Hauptstadt Kopenhagen hat den Nutzwert des Tageslichtes schon vor über zehn Jahren erkannt – und sogar in der Stadtplanung verankert. Bauvorschriften verlangen eine Mindestmenge an eingesetztem Tageslicht.

Mit einem Spiegelmodul im Lichtschacht bringt das Schweizer Unternehmen Heliobus AG Tageslicht ins Untergeschoss. Foto: Heliobus AG
Mit einem Spiegelmodul im Lichtschacht bringt das Schweizer Unternehmen Heliobus AG Tageslicht ins Untergeschoss. Foto: Heliobus AG

Ohne teure Sanierungen zu mehr Tageslicht

Was aber, wenn Einfamilienhäuser und andere Immobilien gebaut sind? Müssen Bewohnerinnen und Bewohner teure Sanierungen in Angriff nehmen, um mehr Himmelslicht in ihr Zuhause zu leiten? Nein. Oft lassen sich düstere Räume mit wenig Aufwand mit Tageslicht füllen. Darüber hinaus hat die Industrie allerlei Produkte entwickelt, die Sonnenlicht nachträglich in die Stube leiten. Dazu zählen beispielsweise Lichtschächte und -kamine. Ihr Prinzip ist nicht neu, das erste Patent wurde 1881 in England angemeldet. Ein Tüftler kam damals auf die Idee, Tageslicht in verspiegelten Rohren wie Wasser durch Wohnhäuser zu führen.

Moderne Systeme funktionieren ähnlich. Auch sie sammeln Sonnenlicht auf dem Dach oder in anderen Aussenbereichen und transportieren es in Röhren, die mit superreflektierenden Materialien (etwa technischem Silber) beschichtet sind, in die Gebäude. Streulinsen verteilen das Licht am Zielort, im angepeilten Raum. Die Lichtmenge, die durch das Röhrensystem fliesst, ist beachtlich. Gemäss Anbieter reicht sie aus, um selbst in fensterlosen Kellerräumen die Sonne aufgehen zu lassen.

So kommt mehr Tageslicht ins Haus

  • Helle Wände reflektieren einfallendes Tageslicht besser – und streuen dieses in den Raum.

  • Sperrige und dunkle Möbel sollten nicht unmittelbar neben und unter die Fenster gestellt werden.

  • Spezielle Jalousien lenken das Licht in den Raum. Die oberen Lamellen sind beschichtet und anders angewinkelt.

  • Ein heller Rahmen rund ums Fenster erhöht das Lichtvolumen. Ein hochglanzlackiertes Fensterbrett zeigt ähnliche Wirkung. Glänzende Lackflächen oder helle (Glas-)Fliesen sorgen generell für mehr Helligkeit.

  • Geöltes oder lackiertes Eichenparkett reflektiert Licht besser als ein Boden aus geräucherter Eiche.

  • Ist der Aussenbereich vor einem Fenster mit hellem Bodenbelag ausgelegt, wird das Licht an die Decke des Innenraumes reflektiert und wirkt heller.

  • Oft bewirken schmale Oberlichtstreifen weit mehr als grosse Fenster, besonders in stark verdichteten Quartieren.

Altes Wissen nutzen

«Bis in die 1950er-Jahre war es für Planer selbstverständlich, dass in Einfamilienhäusern die Brüstungen unter den oft kleinen Kellerfenstern zum Raum hin abgeschrägt waren», sagt Christian Vogt. «Dadurch gelangte etwa 300 % mehr Tageslicht in die Kellerräume als beim heutigen Standard mit rechtwinkligen Brüstungen.» Auch die Platzierung der Öffnungen, also der Fenster, sei einst sorgsamer geplant worden. Ein Oblicht könne fünfmal mehr Licht in die Räume leiten als ein gleich grosses, horizontales Fenster. Und rücke man ein Fenster nur 20 Zentimeter näher zur Decke, gelange fast doppelt so viel Licht ins Innere. «Jedes Computerprogramm kann solche Fakten beweisen, aber trotzdem fällt es uns schwer, umzudenken.» Zumal Architektinnen, Architekten und Bauherrschaften solche Zusammenhänge oft gar nicht mehr kennen und erst im Nachhinein merken, dass die Lichtqualität wackelt.

Was ebenfalls für einen sorgsameren Einsatz von Tageslicht spricht: Es ist in rauen Mengen vorhanden, kostenlos und lässt sich äusserst umweltverträglich nutzen. In der Schweiz werden jährlich 8 Milliarden Franken für elektrische Energie ausgegeben. Rund 12 % davon für Beleuchtung – das entspricht 7 Milliarden Kilowattstunden. Geeignete Massnahmen können den Energieverbrauch halbieren, ohne dass die Menschen erhebliche Einschränkungen in Kauf nehmen müssen. Der kluge Einsatz von Tageslicht kann dazu einen kleinen, aber wichtigen Beitrag leisten.

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